Rechtliche Betreuung
Rechtliche Betreuung
Das Rechtsinstitut der rechtlichen Betreuung wurde in Deutschland durch das am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Betreuungsgesetz geschaffen. Unter Betreuung wird die rechtliche Vertretung verstanden und nicht eine Sozial- oder Gesundheitsbetreuung. Die rechtliche Betreuung ist an die Stelle der früheren Vormundschaft über Volljährige getreten. Sie ist im Wesentlichen in den §§ 1814 folgende des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt.
Das gesetzgeberische Ziel der Reform von 1992 war: „Betreuung statt Entmündigung“, um den Betroffenen Hilfe zu einem selbstbestimmten Leben zu leisten. Das Grundrecht auf Selbstbestimmung ergibt sich aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG). Die Betreuung dient nicht zur Erziehung oder dazu, gesellschaftliche Wertmaßstäbe durchzusetzen.
Im Jahre 2023 trat erneut ein neues Betreuungsrecht in Kraft. Dieses mal noch stärker an der UN-Behindertenrechtskonvention ausgerichtet, welche seit dem 26. März 2009 auch für Deutschland verbindlich ist. Hiernach muss sich der rechtliche Betreuer noch mehr als früher nach den Wünschen des Betreuten richten. Rechtsgrundlage für die Einrichtung einer Betreuung ist der § 1814 BGB.
Vorgehensweise
Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht (Abteilung des Amtsgerichtes) für ihn auf Antrag oder von Amtswegen einen Betreuer.
Keine vorrangigen anderen Hilfen ausreichend
Die Bestellung eines Betreuers ist nicht erforderlich, wenn die Angelegenheiten des Betroffenen ebenso gut durch andere Hilfsangebote besorgt werden können (§ 1814 Abs. 3 BGB). Weiter ist Voraussetzung, dass die Angelegenheiten, die für die betroffene Person besorgt werden müssen, nicht durch andere Hilfen, die ohne gesetzlichen Vertreter möglich sind, gleich gut erledigt werden können. Andere Hilfen können z. B. Familienangehörige, Nachbarschaftshilfe oder soziale Dienste (unterstütztes Wohnen, Assistenzen), sowie von der betroffenen Person bevollmächtigte Dritte sein.
Durch die Einfügung des Wortes „rechtlich“ in § 1814 BGB, ist verdeutlicht worden, dass Betreuungstätigkeit eine rechtliche Vertretung darstellt und sich von der „tatsächlichen“ Betreuungsarbeit unterscheidet, die z.B. durch Mitarbeiter des unterstützten Wohnens ausgeübt wird. Der rechtliche Betreuer organisiert die benötigten Hilfen, leistet diese aber nicht selbst.
Wenn es nur darum geht, dass jemand rein tatsächliche Angelegenheiten nicht mehr selbständig besorgen kann (etwa seinen Haushalt nicht mehr führen, die Wohnung nicht mehr verlassen kann usw.), so rechtfertigt dies in der Regel nicht die Betreuerbestellung. Hier wird es im Normalfall auf praktische Hilfen ankommen (z. B. Sauberhalten der Wohnung, Bereitstellen von Essen), für die man keinen gesetzlichen Vertreter braucht.
Allerdings kann es z. B. sein, dass eine Betreuung trotz Vorhandenseins von Familienangehörigen oder Bevollmächtigten nötig wird, nämlich dann, wenn diese Personen gegen die Wünsche der betroffenen Person handeln oder von ihr nicht mehr kontrolliert werden können.
Außerdem müssen die oben genannten sozialen Hilfen beantragt, organisiert und ggf. bezahlt werden. Hierfür ist in der Regel ein gesetzlicher Vertreter nötig. Ein Bevollmächtigter ist wie ein Betreuer ein gesetzlicher Vertreter.
Keine Betreuungsanordnung gegen den freien Willen
Wer seinen Willen frei bestimmen kann, also geschäftsfähig ist, darf keinen rechtlichen Betreuer gegen seinen Willen bestellt bekommen. Die Betreuung dient nicht dazu den Betroffenen zu erziehen, zu bessern, oder zu hindern, sich selbst zu schädigen. Allerdings wird bei einer erheblichen geistigen Krankheit (zum Beispiel einem akuten schizophrenen Schub) der Wille von der Krankheit beeinflusst sein, so dass ein „freier“ Wille dann insoweit nicht vorliegen kann.
Die Entscheidung für oder gegen eine Betreuungsanregung sollte der Betroffene sorgsam abwägen. Ein rechtlicher Betreuer kann eine große Hilfe sein, etwa wenn es darum geht, Behördenangelegenheiten (Sozialamt, Kranken- oder Pflegekasse) oder finanzielle Angelegenheiten zu regeln.
Möglicherweise können auch soziale Dienstleister, Pflegedienste oder privat beauftragte Dienste wichtige Unterstützungsleistungen erbringen. Wenn es allerdings notwendig wird, stellvertretend zu handeln, kommen diese an ihre Grenzen und es wird eine rechtliche Betreuung einzurichten sein.